Zwei Damen im Bad

Es ist eines der berühmtestem Bilder der Renaissance (1), eine unerschöpfliche Quelle von Aufregungen, Fantasievorstellungen und Fragen… Rote Vorhänge geben den Blick auf eine höchst ungewöhnliche Szene frei: Zwei entblößte Damen der Aristokratie nehmen ihr Bad. Die Zeichnung ihrer Körper ist sinnlich, die Haut ist seidig und strahlt jugendlich hell. Während sie eine Hand lasziv auf den Wannenrand legt, drückt die Braunhaarige zart die rechte Brustwarze der Blonden.

Zugleich elegant und unsagbar erotisch, verleiht diese Geste der Szene ihren beunruhigenden Charakter, der durch den Kontrast mit der merkwürdigen Reglosigkeit der Gesichter nur noch verstärkt wird. Nicht der geringste Schimmer von Lust leuchtet in den Blicken dieser Damen. Kein wollüstiger Hauch lässt ihre leuchtenden Lippen erbeben. Undurchdringlich und mit aufrechtem Oberkörper, ähnlich religiösen Ikonen, mustern sie den Betrachter mit einem rätselhaften Blick. Was ist ihre geheime Botschaft?

Das anonyme Werk trägt keinen Titel. Allerdings wurde die braunhaarige Dame als die Herzogin von Villars identifiziert, die blonde als deren Schwester, Gabrielle d’Estrées, die Mätresse von König Heinrich IV. Als das Gemälde um 1594 entstand, war Gabrielle mit einem Kind des Herrschers schwanger. Indem sie die Brustwarze ihrer Schwester zusammenkneift, spielt die Herzogin auf die Muttermilch und die verborgene Schwangerschaft der „schönen Gabrielle“ an. Im Hintergrund, so scheint es, näht eine Frau die Wäsche für das Kind, das zur Welt kommen wird. Der Ring, den Gabrielle behutsam hält, symbolisiert die Ehe, die Heinrich IV. ihr versprochen hat. Während ihrer vierten Schwangerschaft 1599, leitete der König die gemeinsame Hochzeit in die Wege.

Zwei Wochen später jedoch wurde Gabrielle von einem plötzlichen Tod hinweggerafft, dessen Ursachen nie aufgeklärt wurden. Dieses tragische Ende tut der eigenartigen Anziehungskraft, die dieses Gemälde ausübt, keinen Abbruch. Wodurch lässt sich diese Faszination erklären? Zweifellos durch die Mischung aus Erotik und nahezu sakraler Eleganz, deren Wesen undurchschaubar bleibt.

(1) Das Gemälde ist beispielhaft für die Schule von Fontainbleau.

Aus dem Französischen von Isabella Pohl.

 

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